Rechte Gewalt in Mecklenburg-Vorpommern – LOBBI veröffentlicht Zahlen für 2014
vom 12. März 2015 in Kategorie: Jahresbericht, Pressemitteilung
Im vergangenen Jahr kam es damit statistisch betrachtet an jedem fünften Tag zu einem rechten Angriff. Deutlich zugenommen hat dabei der Anteil von versuchten (19) bzw. vollendeten (49) Körperverletzungen, die zusammen 84 % aller Angriffe ausmachten (2013: 65 %). Es gab eine Brandstiftung auf ein von Asylsuchenden bewohntes Haus und 12 zielgerichtete Sachbeschädigungen.
»Immer mehr dieser Angriffe sind rassistisch motiviert. 2013 mussten wir in 46,9 Prozent aller Fälle von einer rassistischen Tatmotivation ausgehen, 2014 waren es schon 51,9 Prozent. Wir sehen hier ganz klar Zusammenhänge zur Hetze gegen die Unterbringung von Asylsuchenden in vielen Orten des Landes«, so Tim Bleis.
Von rechter Gewalt sind aber nach wie vor auch Menschen betroffen, die sich gegen Neonazismus und Rassismus und für eine offene Gesellschaft engagieren (20 Angriffe). Gerade im Zusammenhang mit NPD Wahlkampfauftritten zur Europa- und Kommunalwahl kam es im vergangenen Jahr zu einer Reihe von Angriffen. Attackiert wurden aber auch zwei junge Männer, weil sie gegen einen Infostand der AfD in Schwerin demonstrieren wollten. In 13 Fällen wurden Jugendliche und junge Erwachsene angegriffen, die sich vor allem durch Outfit und Auftreten klar von der rechten Szene distanzieren.
Die meisten Angriffe fanden 2014 im Landkreis Vorpommern- Greifswald (23, 2013: 13) statt. In diesem Landkreis ist die rechte Szene seit Jahren besonders stark verankert. Dort lag im vergangenen Jahr auch ein Schwerpunkt der offen rassistischen Hetze gegen Asylsuchende und andere Migrant_innen. Ebenfalls zugenommen haben Angriffe in Schwerin (12, 2013: 3), im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte (12, 2013: 4) und im Landkreis Vorpommern-Rügen (11, 2013: 6). Im Landkreis Rostock sind die bekannt gewordenen Angriffe dagegen stark zurück gegangen (10, 2013: 23).
»Die hier dargestellten Angriffe sind lediglich ein Ausschnitt dessen, was Menschen tagtäglich erleiden müssen, die nicht in das Bild der rechten Schläger passen. Wir gehen davon aus, dass auch wir von vielen Angriffen nicht erfahren, andere werden uns erst nach Monaten bekannt. Auch der Schritt, solche Angriffe zur Anzeige zu bringen, ist vielen Betroffenen nicht möglich. Zu groß ist die Angst vor erneuten Angriffen oder Erniedrigungen, aber auch fehlendes Vertrauen in das Agieren staatlicher Behörden spielt weiterhin eine große Rolle. Im vergangenen Jahr wurde jeder fünfte Angriff, von dem wir erfuhren, nicht zur Anzeige gebracht.« (17, 2013: 13)
Die LOBBI konnte im vergangenen Jahr in 129 Fällen beraten und damit 227 Menschen unmittelbar unterstützen. Davon fanden 41 Beratungen nach Angriffen im laufenden Jahr statt, 29 Beratungen zu Angriffen aus Vorjahren und 60 Beratungen zu rechten Vorfällen, die nicht als Gewalttaten einzuordnen sind. Dazu zählen etwa Beleidigungen und Einschüchterungen, aber auch rassistische Diskriminierungen.
Die LOBBI unterstützt in Mecklenburg-Vorpommern seit 2001 Betroffene rechter und rassistischer Gewalt bei der Bewältigung der Tatfolgen und dokumentiert darüber hinaus diese Angriffe.