Haftstrafen nach rassistisch motiviertem Angriff in Schwerin
vom 16. Januar 2017 in Kategorie: Pressemitteilung
Abdul A. war im Februar vergangenen Jahres zu Besuch in der Landeshauptstadt. Auf dem Rückweg zum Hauptbahnhof stieß er in der Bahn auf die beiden angetrunkenen Brüder, die sofort begannen, ihn rassistisch zu beschimpfen. Der Betroffene suchte Hilfe beim Straßenbahnfahrer, der erfolglos zu intervenieren versuchte . Weitere Anwesende unterstützten ihn nicht bzw. erst nachdem er bereits angegriffen wurde. So konnten die beiden Rassisten den jungen Mann mehrfach schlagen, nachdem sie versucht hatten, ihn aus der Bahn zu zerren. Anschließend entfernten sie sich, bevor Polizei und Krankenwagen eintrafen. Zuvor hatte der jüngere der beiden noch den sogenannten„Hitlergruß“ gezeigt. Der Betroffene trug eine Platzwunde an der Lippe sowie Verletzungen an der Hand und an der Schulter davon und musste ambulant im Krankenhaus behandelt werden. Neben den körperlichen Folgen belastete ihn das Erlebnis so stark, dass er von seinem urspünglichen Plan, ein Studium in Leipzig aufzunehmen, Abstand nahm, da er dort erneute Angriffe fürchtete. Er hatte sich dem Prozess als Nebenkläger angeschlossen und zeigte sich heute zufrieden mit dem Ausgang des Verfahrens. Dabei war es ihm besonders wichtig, dass der vorsitzende Richter die Motivation der beiden Angreifer im Urteil explizit benannte. Sie wurden beide wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt, der jüngere außerdem noch wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Sie müssen die Kosten des Verfahrens und des Nebenklägers tragen. Außerdem müssen sie ihm ein Schmerzensgeld von 1000 Euro zahlen. Die beiden Schläger haben das Urteil schon in der Verhandlung akzeptiert, das damit bereits rechtskräftig ist. „Es hat nahezu ein Jahr gedauert, bis die Angreifer zur Rechenschaft gezogen wurden. Dies ist in Mecklenburg- Vorpommern leider eher die Regel als die Ausnahme. Zeitnähere Verurteilungen, die die menschenverachtende Motivation solcher Angriffe deutlich benennen und strafrechtlich würdigen, wären gerade in Schwerin ein starkes Signal an Betroffene, die Szene der Täter_innen und die gesamte Gesellschaft“, so Tim Bleis, Mitarbeiter der LOBBI.