Haftstrafe für rassistischen Messerangriff
vom 12. Dezember 2024 in Kategorie: Pressemitteilung
Am heutigen Donnerstag wurde vor dem Amtsgericht Schwerin ein rassistisch motivierter Angriff verhandelt, der nur durch Glück nicht tödlich endete. Der 46-jährige Jens L. wurde wegen gefährlicher Körperverletzung in einem minderschweren Fall zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 9 Monaten verurteilt. Das Gericht würdigte das „menschenverachtende“ Motiv ausdrücklich als strafschärfend.
Mit seinem Urteil folgte das Gericht den Forderungen der Staatsanwaltschaft, die ebenfalls die rassistische Motivation deutlich benannte und unter anderem auf Chatnachrichten des Angreifers verweisen konnte, die seine Gesinnung dokumentierten.
Unter anderem hatte Jens L. seiner damaligen Partnerin die Tat angekündigt. Die bloße Schilderung der Tat liest sich wie ein Amoklauf. Mit zwei Messern bewaffnet ging der gelernte Bankkaufmann wahllos auf Menschen los, die er für Migranten hielt und attackierte einen Mann aus Algerien. Nachdem er auf den 33-Jährigen eingestochen hatte und ihn schwer im Gesicht verletzte, grinste er den Schwerverletzten und seine verängstigten Begleiter an. Zu der Zeit konnte für ihn nicht klar sein, ob sein Opfer überleben würde, betonte der Richter in der mündlichen Begründung des Urteils. Aus einer derartigen Verhöhnung des Betroffenen werde die Menschenverachtung hinter der Tat besonders deutlich.
Strafmildernd wurde gewertet, dass der Täter psychisch erkrankt ist und zum Zeitpunkt der Tat stark alkoholisiert war. Auch habe er sich mit einer Zahlung von 2000 Euro an sein Opfer um einen Ausgleich bemüht.
Der Betroffene leidet bis heute unter den Folgen der Tat. Er erlitt durch den Angriff eine große Narbe im Gesicht und begab sich in psychologische Behandlung, da er bis heute Angst hat, sich auf der Straße zu bewegen.
Der 33-Jährige und seine Nebenklagevertreterin, Katrin Hildebrandt, zeigten sich mit dem Urteil dennoch zufrieden: „Für meinen Mandanten war es sehr wichtig, dass seine Auseinandersetzung mit den schwerwiegenden Folgen endlich zur Sprache kommen konnte. Dass die rassistischen Beweggründe des Täters in der Verhandlung deutlich herausgearbeitet wurden und nun auch strafschärfend Würdigung finden, ist sehr zu begrüßen.“
Gemäß Paragraf 46, Absatz 2 des Strafgesetzbuches sind rassistische und andere menschenverachtende Motive bei der Strafzumessung zu berücksichtigen.
„Es ist ein erster wichtiger Schritt, dass die Anwendung des Paragrafen endlich Einzug in die juristische Praxis findet. Unserer Erfahrung nach ist dies leider häufig nicht der Fall.“ sagt Robert Schiedewitz, Mitarbeiter der Beratungsstelle für Betroffene rechter Gewalt in Mecklenburg-Vorpommern, LOBBI.
Auch die Politik müsse endlich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gegenüber Betroffenen rassistischer Gewalt nachkommen, die keinen festen Aufenthaltsstatus in Deutschland haben. „Es braucht dringend ein humanitäres Bleiberecht. Es kann nicht sein, dass Menschen neben den Angriffsfolgen auch noch mit den Unsicherheiten eines sich ständig verschärfenden Aufenthaltsrechts und einer drohenden Abschiebung beschäftigen müssen, wie in diesem Fall. Es darf nicht sein, dass eine Politik, die Menschen nicht vor rassistischen Angriffen schützen kann, anschließend durch bürokratische Maßnahmen den Willen der Täter unterstützt.“ so Schiedewitz weiter.“
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.