Erstes Urteil nach rechten Angriffen in Anklam
vom 21. September 2012 in Kategorie: Pressemitteilung
Das Amtsgericht Greifswald verurteilte heute nachmittag zwei Angehörige der rechten Szene zu Freiheitsstrafen von jeweils einem Jahr, ausgesetzt auf zwei Jahre Bewährung. Der 19-Jährige Toni R. wurde wegen Anstiftung zu gefährlicher Körperverletzung in drei Fällen verurteilt und muss zusätzlich 50 Stunden gemeinnützige Arbeit verrichten. Der 24-jährige Timm L. wurde wegen zweifacher gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Das Gericht sah es nach drei Verhandlungstagen als erwiesen an, dass beide an einem Angriff auf eine Gruppe Punks am späten Abend des 4. Mai 2012 beteiligt waren. Die Angegriffenen feierten in der Nähe des Marktplatzes, als gegen 21:30 Uhr mehrere Autos vorfuhren, deren Insassen sich auf dem Marktplatz sammelten. Die etwa 15-köpfige Gruppe stürmte auf die Punks zu, die sich zum Teil in einen Hausflur retten konnte. Zwei 16-jährige, die es nicht schafften, wurden mit Tritten und Schlägen an den Kopf verletzt. Ein 24-jähriger, der schlichten wollte,wurde mit einem Schlag an den Kopf bewusstlos geschlagen und musste
mehrere Tage im Krankenhaus behandelt werden. Es soll sich um Vergeltungstaten handeln, weil es am gleichen Tag mit einem einzelnen Punk am Anklamer Bahnhof “Stress gegeben habe”.
Timm L. gab über seinen Anwalt eine Erklärung ab, in der er zwei Körperverletzungen einräumte und sich bei den Betroffenen entschuldigte.
Toni R., der von Zeugen der Kameradschaft “Jungsturm Pommern” zugerechnet wurde, schwieg während des gesamten Verfahrens. Dem Gneveziner konnte keine selbstausgeführte Körperverletzung nachgewiesen werden. Nach Ansicht des Gerichts ließen Zeugenaussagen zum Tatgeschehen aber keinen anderen Schluss zu, als dass er bei der Tat anwesend war und durch mehrere Telefonanrufe andere Personen zu der Tat angestiftet hat und dabei die Verletzungen billigend in Kauf nahm. Der Verurteilte hatte zuvor schon drei Monate in Untersuchungshaft verbracht.
Mehrere geladene Zeugen aus der rechten Szene machten vor Gericht von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch, da auch gegen sie ermittelt wird – unter ihnen beispielsweise der MMA-Kampfsportler Silvio Dahms. Die heute verhandelten Attacken gehören zu einer Reihe von Übergriffen auf alternative Jugendliche und Erwachsene, die im Frühjahr in Anklam stattgefunden haben. So zogen noch am gleichen Abend mehrere Neonazis von ihrem Treffpunkt, einem Haus in der Leipziger Allee, los und griffen erneut Punks an und verletzten einen von ihnen schwer am Kopf. Bereits am 12. April jagten Vermummte am hellerlichten Tag Menschen durch die Anklamer Innenstadt und verletzten mehrere Personen.