-> header -> single
-> content-slider

Der Prozess endet, die Aufarbeitung muss weitergehen

vom 10. Juli 2018 in Kategorie: Pressemitteilung

Gemeinsame Pressemitteilung der LOBBI und der Initiative “Mord verjährt  nicht!” anlässlich des Urteils im NSU-Prozess

Lediglich eine Handvoll Personen müssen mit Konsequenzen rechnen, weil  sie im NSU-Netzwerk aktiv waren oder dieses unterstützten. Dabei ist die  These von der dreiköpfigen Gruppe, die nur von wenigen Menschen  unterstützt wurde, längst widerlegt. So geht etwa der Parlamentarische
Untersuchungsausschuss des Bundestages in seinem Abschlussbericht von  einem deutlich größeren Netzwerk aus. Viele Betroffene und Angehörige  haben schon vor Wochen und Monaten im Münchner Prozess deutlich gemacht,  dass sie ihre Hoffnungen auf eine vollständige Aufklärung längst  verloren haben. Sie hatten die Bundeskanzlerin ernst genommen, als sie  ihnen im Februar 2012 versprach, dass alles getan werde “um die Morde  aufzuklären und die Helfershelfer und Hintermänner aufzudecken und alle  Täter ihrer gerechten Strafe zuzuführen.”
Auch im Zusammenhang mit den Taten des NSU in Mecklenburg-Vorpommern,  die im Münchner Verfahren nur eine untergeordnete Rolle spielten,  bleiben viele Fragen offen. Am 25. Februar 2004 wurde Mehmet Turgut in  Rostock-Toitenwinkel von Mitgliedern des NSU ermordet. Am 7. November  2006 und am 18. Januar 2007 überfielen die Neonazis eine  Sparkassenfiliale in Stralsund. Auf welches Unterstützungsnetzwerk sie  dabei zurückgreifen konnten, ist weiterhin unklar. “Bis heute wissen wir  nicht, welche Neonazis aus Mecklenburg-Vorpommern den NSU beim Mord in  Rostock aber auch den Banküberfällen in Stralsund unterstützt haben. Der  NSU-Prozess hat dazu kaum neue Erkenntnisse gebracht. Aber auch der  Schweriner Landtag und das Innenministerium haben bisher nicht  ausreichend zur Aufklärung der Taten des NSU in unserem Bundesland  beigetragen” sagt Tim Bleis von der LOBBI. “Von Aufklärung und  Gerechtigkeit kann damit bisher keine Rede sein.”
Die Ermittlungen, die seinerzeit zum rassistischen Mordanschlag in  Rostock stattfanden, konzentrierten sich auf die Opferfamilie und deren  Umfeld. Sie waren durchzogen von rassistischen Denkweisen und  fragwürdigen Festlegungen zum möglichen Tatmotiv. Um diese Fehler  aufzuarbeiten und die zahlreichen Wissenslücken im Zusammenhang mit dem  NSU-Komplex zu schließen, ist es jetzt umso dringlicher, dass der  eingerichtete Parlamentarische Untersuchungsausschuss seine Arbeit zügig  aufnimmt und mit aller Konsequenz den zahlreichen offenen Fragen  nachgeht. “Wir erwarten, dass die Mitglieder des Ausschusses ihren  Untersuchungsauftrag ernst nehmen. Dies sind sie den Betroffenen und  Angehörigen, aber auch der allgemeinen Öffentlichkeit schuldig. Dazu  gehört auch parteipolitische Interessen hintenan zu stellen und  engagierte Aufklärung nicht der Staatsräson zu opfern”, so Imam-Jonas
Dogesch von der Initiative “Mord verjährt nicht!”  “Das Prozessende in München darf kein Schlussstrich für die Aufklärung  zu den Taten des NSU und sein Netzwerk bedeuten. In  Mecklenburg-Vorpommern muss sie nach mehr als sieben Jahren endlich  konsequent voran getrieben werden.”