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Haftstrafe nach rassistischem Ãœbergriff

vom 24. April 2015 in Kategorie: Pressemitteilung

Der Abend des 29. Oktober 2013 änderte für einen 40-jährigen polnisch stämmigen Mann Einiges. Auf dem Weg von der Arbeit nach Hause tankte er seinen PKW mit polnischem Kennzeichen in Pasewalk. Dass dieses Kennzeichen ihn als Polen auswies, reichte zwei Männern und einer Frau, die sich an der Tankstelle aufhielten, ihn mit hämischen Blicken zu versehen und den Rechtsrock in ihrem Transporter laut aufzudrehen. Als der später Angegriffene weiterfuhr, folgte ihm der Wagen und überholte ihn schließlich auf der Landstraße kurz hinter dem Örtchen Polzow. Plötzlich bremste der Transporter vor ihm ab und nötigte ihn somit, ebenfalls anzuhalten. Die beiden Männer stiegen aus dem Transporter, gingen auf ihr Opfer zu, das gutgläubig die Scheibe heruntergekurbelt hatte und begannen, unvermittelt auf den Betroffenen einzuschlagen. Sie rissen anschließend die Fahrertür auf und traten auf ihn ein, unter anderem auch gezielt gegen den Kopf. Der Betroffene erlitt erhebliche Verletzungen.

 

Etwa eineinhalb Jahre später kam es nun am gestrigen Dienstag zum Prozess vor dem Amtsgericht Pasewalk gegen nur einen der Täter. Der zweite konnte nicht ermittelt werden. Angeklagt war der einschlägig Vorbestrafte Neonazi, Jens Bittner aus der Nähe von Löcknitz. Der 40-Jährige schwieg zu den Tatvorwürfen, machte vor Gericht jedoch keinen Hehl aus seiner rechten Gesinnung, die er, sichtbar durch diverse Tattoos und mit eindeutiger Szene-Kleidung, zur Schau trug.
Neben der gefährlichen Körperverletzung musste sich Bittner wegen Verwendens verfassungsfeindlicher Symbole auf seinem Facebook-Profil verantworten. In Fotoalben mit Titeln wie „Naziradau in Pommern“ unter Bildern, die den Angeklagten unter anderem in Kleidung der rechten Gruppierung “SG 44“ (SG steht hier für „Sturmgruppe“ und die 44 als Stilisierung der Doppel-Sigrune der SS) zeigten, fand sich auch ein Bild des verbotene Totenkopfemblems der SS.

 

Obwohl sich der Angeklagte zu den Tatvorwürfen nicht einließ, konnten beide Sachverhalte nach Auffassung des Gerichts zweifelsfrei aufgeklärt werden. Die Vielzahl an einschlägigen Vorstrafen und die damit einhergehende ungünstige Sozialprognose des Täters, sowie die „Niederträchtigkeit“ des Motivs veranlassten das Gericht, eine Gesamtstrafe von einem Jahr und sechs Monaten Haft ohne Bewährung auszusprechen. Gegen das Urteil kann noch in Berufung gegangen werden.
Seit der Tat begegnet der Betroffene, ein gläubiger Mensch, anderen Personen vorsichtiger. „Ich hätte nie gedacht, dass mir so etwas passieren könnte“, berichtet er. Noch einige Zeit nach dem Übergriff habe er sich verfolgt gefühlt und insgesamt sei sein Sicherheitsempfinden eingeschränkt. „Jetzt habe ich das Bewusstsein, dass ich Ausländer bin, dass ich fremd bin“, beschreibt er die Auswirkungen des rassistischen Angriffs. Er und seine Frau haben in Deutschland ein gutes Leben führen wollen. Durch den Prozess hofft der Betroffene nun, mit den Geschehnissen abschließen und zur Normalität zurückkehren zu können. Die Nebenklagevertretung würdigte das Urteil als klares Statement des Gerichts gegen rechte Gewalt.