Neonazi aus Jamel zu Haftstrafe verurteilt
vom 4. November 2022 in Kategorie: Allgemein, Pressemitteilung
Der 19 jährige Wilhelm K. musste sich heute vor dem Amtsgericht Wismar wegen gefährlicher Körperverletzung in vier Fällen, wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und wegen Fahrens ohne Führerscheins verantworten.
Das Gericht verurteilte ihn dafür zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Er muss außerdem Schmerzensgeld an Betroffene zahlen. Er befand sich vor der Verhandlung für rund sechs Monate in Untersuchungshaft.
Zusammen mit drei anderen Rechten hatte K. im Oktober 2021 am Rande einer privaten Feier mehrere Personen angegriffen, weil sie sie als politische Gegner:innen ansahen. Nachdem sie mehrfach „Sieg Heil“ skandiert und die späteren Betroffenen geschubst und provoziert hatten, vereinbarten die vier einen koordinierten Angriff. Dann traten und schlugen sie auf mehrere junge Männer und eine Frau ein.
Im Juli 2021 griff K. vor einer Bar in der Wismarer Innenstadt zunächst einen Mann an, der russisch sprach. Kurz danach trat er dessen Bekannten, einem jungen schwarzen Ukrainer mit Springerstiefeln gegen den Kopf. Glücklicherweise konnte der Betroffene den Schlag mit dem Arm abwehren. Dass er die Betroffenen dabei auch offen rassistisch beleidigte, spielte in der Verhandlung keine Rolle.
Nur einen Monat später griff er zusammen mit Hagen M. und einer weiteren Person in Wismar Schüler:innen aus Esslingen an. Als Grund gab er in der heutigen Verhandlung an, dass ihnen „deren Musik nicht gepasst habe“. Ein junger Mann, der schlichtend eingreifen wollte, wurde von K. zunächst zu Boden geschubst, wobei er das Bewusstsein verlor. Anschließend trat der Angeklagte mehrfach mit Stiefeln gegen den Kopf des Betroffenen.
Angeklagt war K. auch, weil er an einem Badesee öffentlich ein Hakenkreuz zeigte, dass er auf der rechten Brust tätowiert trägt.
Trotz all dieser klaren Belege verneinte der vorsitzende Richter in der heutigen Verhandlung eine rechte Tatmotivation. K. sei „kein rechter Gewalttäter, sondern einfach nur ein gemeiner Schläger“.
Dieser Logik folgend spielte eine entsprechende Motivation auch in Bezug auf das Strafmaß keine Rolle. Weil K. sich zu allen Vorwürfen einließ, verurteilte ihn das Gericht zu einer Gesamtstrafe von zwei Jahren, die für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Staatsanwaltschaft forderte dagegen eine Strafe von zwei Jahren und neun Monaten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
„Nicht nur das brutale Vorgehen von K. und die Auswahl der Opfer erinnert uns erschreckend an die sogenannten Baseballschlägerjahre. Auch der juristische Umgang mit diesen Angriffen passt eher in die 90er Jahre als in die heutige Zeit. Mehrere Betroffene berichteten heute davon, wie sie vor und während der Angriffe beschimpft wurden. Obwohl K. und dessen Mittäter damit selbst deutlich gemacht hatten, warum sie zuschlugen, negierte das Gericht heute diese Tatsachen“, so eine Mitarbeiterin der LOBBI.
Zahlreiche Personen aus der selbsternannten „Dorfgemeinschaft Jamel“ nahmen K. nach dem äußerst milden Urteil vor dem Gericht freudig in Empfang, darunter auch seine Eltern.