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Rechte Gewalt in Mecklenburg-Vorpommern bleibt auf hohem Niveau

vom 21. März 2024 in Kategorie: Jahresbericht, Pressemitteilung

Rechte Mobilisierung und Übernahme rechter Diskurse führen zu mehr Gewalt

Die Beratungsstelle für Betroffene rechter Gewalt in M-V, LOBBI, verzeichnet für das vergangene Jahr 2023 ein anhaltend hohes Niveau rechter Gewalt: 113 rechtsmotivierte Attacken nach 114 im Vorjahr. Dies ist die vierthöchste Angriffszahl seit Bestehen des Vereins (2001). Von den Angriffen waren 155 Menschen betroffen. Dabei bleiben potenziell von Rassismus Betroffene am meisten gefährdet, eine Zunahme ist jedoch auch bei (vermeintlich) politischen Gegner:innen der rechten Szene zu beobachten.

Die meisten der von der LOBBI als rechte Gewalt erfassten Delikte sind Körperverletzungen. Für 2023 wurden 52 einfache Körperverletzungen und 28 gefährliche Körperverletzungen (also Angriffe durch mehrere Täter:innen oder unter Einsatz gefährlicher Gegenstände) registriert. Darüber hinaus zählt die LOBBI auch Bedrohungen und Nötigungen als Gewalt, wenn die Betroffenen in deren Folge erheblich belastet sind, dies war 27 Mal der Fall. Viermal wurden zielgerichtete Sachbeschädigungen bekannt, die für die Betroffenen ebenfalls massive Folgen hatten.
In einem Fall registrierte die LOBBI eine Messerattacke als versuchte Tötung und darüber hinaus einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr – dahinter verbirgt sich eine potenziell lebensgefährliche Manipulation am Fahrzeug einer betroffenen Person.

Der größten Gefahr, durch rechte Gewalttäter:innen attackiert zu werden sind nach wie von Rassismus Betroffene ausgesetzt. Mit 68 Fällen waren fast zwei Drittel der Angriffe rassistisch motiviert. Die Zuspitzung von Diskursen um Migration mit rassistischen Narrativen und die Übernahme rechter Positionen ermächtigt potenzielle Täter:innen, die sich als Vollstrecker:innen einer vermeintlichen Mehrheitsmeinung sehen, zur Tat zu schreiten. Wo rassistische Mobilisierung unwidersprochen bleibt, nimmt schließlich auch die Gewalt zu.
Das Fehlen oder gar die Diskreditierung antirassistischer und antifaschistischer Positionierungen andererseits trägt mit dazu bei, dass auch von der rechten Szene als politische Gegner:innen wahrgenommene oder markierte Personen vermehrt zum Angriffsziel werden. Hier war im Jahr 2023 insgesamt eine Zunahme zu verzeichnen. So zählte die LOBBI 17 Angriffe gegen politisch Aktive oder politische Verantwortungsträger:innen und 13 Angriffe gegen Menschen, die von den Angreifer:innen als nicht-rechts oder alternativ gelabelt wurden.

„Die Vergangenen Monate haben gezeigt, dass das Einstehen für Demokratie und Vielfalt vielerorts für die Engagierten eine konkrete Gefährdung bedeuten kann und die rechte Szene auf den Plan ruft. Insbesondere im ländlichen Raum brauchen die Menschen, die gegen rechts aktiv werden und Gesicht zeigen mehr Anerkennung und Unterstützung“, sagt Robert Schiedewitz, Mitarbeiter der LOBBI.

Eine zunehmende Rolle spielen in diesem Zusammenhang auch Anfeindungen gegen queere Menschen. Die LOBBI hat in 2023 von drei Angriffen auf LGBTIAQ+-Personen erfahren. Doch darüber hinaus ist die Community zunehmend vielfältigen Einschüchterungsversuchen unterhalb der Gewaltschwelle ausgesetzt. „Homo- und Transfeindlichkeit sind ein Kernthema rechter Akteur:innen und queere Menschen wurden und werden von rechten Akteur:innen mehr und mehr zum Feindbild stilisiert. Es ist besorgniserregend, dass sie ihre Räume und Veranstaltungen zunehmend vor rechten Attacken schützen müssen.“, so Schiedewitz weiter.

Wie schon im Vorjahr waren mehr als ein Viertel der Angegriffenen Kinder oder Jugendliche.