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Rudel gegen Rudel?

vom 7. November 2023 in Kategorie: Pressemitteilung

Haft- und Geldstrafen nach rechtem Überfall auf private Feier in Nordwestmecklenburg. Gericht spielt rechtes Tatmotiv herunter.

Vor dem Wismarer Amtsgericht wurden heute sieben Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Sie hatten im Juni 2022 eine Party in Kalkhorst unweit von Grevesmühlen überfallen und dabei fünf Menschen verletzt. Drei der Angeklagten wurden aufgrund ihres Alters nach Jugendstrafrecht zu Geldstrafen zwischen 500 Euro und 1800 Euro verurteilt, ein vierter zu Arbeitsstunden. Die drei anderen Schläger wurden zu Haftstrafen von 7 bzw. 8 Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurden. Sie müssen darüber hinaus ebenfalls Geldstrafen an einen Verein in Wismar zahlen. Die rechte Tatmotivation wurde in der Strafzumessung nicht berücksichtigt.

In den Abendstunden des 4. Juni 2022 hatten einige der heute Verurteilten bereits versucht, auf eine private Feier zu gelangen. Weil sie den Veranstalter:innen als Neonazis aus Grevesmühlen bekannt waren, wurden sie jedoch abgewiesen. Dadurch fühlten sie sich offensichtlich herausgefordert und fuhren in den frühen Morgenstunden des 5. Juni gemeinsam mit weiteren Personen erneut nach Kalkhorst. Dazu hatten sie sich Taxis gerufen. Vor der Abreise hatten sie ein Bild von ihrer Gruppe online gepostet und martialisch angekündigt: „Auf geht’s!“ Als sie in Kalkhorst eintrafen, war ein Großteil der Gäste bereits abgereist. Die noch Anwesenden wurden im Schlaf von den Angreifern überrascht. Diese hatten sich zuvor vermummt, schlugen und traten dann auf fünf Personen ein. Einer der Angegriffenen verlor kurzzeitig das Bewusstsein, ein weiterer musste später im Krankenhaus behandelt werden. Während der Attacken
beleidigten die Schläger ihre Opfer mit Parolen, die auf deren linke Gesinnung abzielten. Als die Betroffenen sich schließlich zur Wehr setzen konnten, zogen sich die Angreifer zurück.
Nur drei der Betroffenen wurden am ersten Verhandlungstag als Zeug:innen gehört. Zwei von ihnen hatten sich dem Prozess als Nebenkläger:innen angeschlossen. Deren Anwältin thematisierte in der heutigen Verhandlung sehr nachdrücklich das rechte Tatmotiv der Angreifer. Der vorsitzende Richter sprach in seinem Urteil den Angeklagten jedoch die Fähigkeit ab, politisch zu denken und zu handeln. Er bezeichnete sie vielmehr als „ein Rudel junger Männer das auf ein anderes Rudel stößt“. Entsprechend dieser Bewertung berücksichtigte er die offensichtliche rechte Tatmotivation nicht bei der Strafzumessung. Auch die Vertreterin der Staatsanwaltschaft thematisierte zuvor in ihrem Plädoyer die Motivation der Angreifer nicht, sondern sprach von Rache.

Bei den Betroffenen stieß das Urteil, das noch nicht rechtskräftig ist, auf ein geteiltes Echo. „Es ist wichtig, dass der brutale und geplante Angriff auf uns Konsequenzen hat. Aber wir haben kein Verständnis dafür, dass dabei überhaupt nicht berücksichtigt wurde, warum wir angegriffen wurden.“, sagt einer der Angegriffenen gegenüber der LOBBI. „Wir haben bereits bei unseren Aussagen bei der Polizei erzählt, mit welchen Sprüchen wir beleidigt wurden. Einige von uns wurden von einzelnen Angeklagten auch vor diesem Angriff bereits beschimpft und bedroht. So lange solche Angriffe nicht als das benannt werden was sie sind, nämlich rechte Gewalt, wird sich wenig ändern“, so der Betroffene nach der Urteilsverkündung weiter.