Rückblick 2008
vom 25. März 2009 in Kategorie: Artikel
Hunderte Menschen betroffen
In der Bilanz für das vergangene Jahr musste die LOBBI 102 Angriffe in Mecklenburg-Vorpommern verzeichnen. Damit erreicht das Ausmaß rechter Gewalt wieder das hohe Niveau aus dem Jahr 2006*. Über 300 Menschen waren von den Angriffen direkt oder indirekt betroffen. Darunter fallen 40 Körperverletzungen, wie die Angriffe auf Punks in Stralsund und Rostock. Die LOBBI erfasste 31 versuchte Körperverletzungen, Nötigungen oder schwerwiegende Bedrohungen, wie die Flaschenwürfe auf einen libanesischen Asylbewerber in Neustrelitz. Mindestens 29 Brandstiftungen und zielgerichtete Sachbeschädigungen dokumentierte die LOBBI, wie beispielsweise die offenbar planmäßig ausgeführten Attacken auf Fahrzeuge von Polinnen und Polen oder auf Dönerstände und Asiaimbisse.
Die Angriffe richteten sich mehrheitlich gegen alternative Jugendliche, bei einem Viertel der Attacken war Rassismus das Motiv. Im Jahr 2008 wurden zudem wieder Menschen und Einrichtungen, die sich gegen Rassismus, Nationalsozialismus und Antisemitismus engagieren, zum Angriffsziel rechter Gewalt. Vor dem Hintergrund der anstehenden Wahlen und erster ähnlicher Vorfälle in diesem Jahr ist zu befürchten, dass sich gerade die gezielte Einschüchterung von politischen GegnerInnen auch 2009 fortsetzt. Auffällig waren im vergangenen Jahr auch die Angriffe rechter Gruppen auf die Polizei in Löcknitz, Teterow und Rostock.
Individuelle Unterstützung und kommunale Intervention
Mehr als 200 Betroffene, Zeugen und Zeuginnen, sowie Angehörige nahmen im vergangenen Jahr das Beratungsangebot der LOBBI in Anspruch. Die MitarbeiterInnen haben im vergangenen Jahr über 600 Mal Menschen in psychosozialen und rechtlichen Fragen beraten, bei Behördengängen und Anträgen unterstützt, zu Gerichtsverhandlungen begleitet und im Umgang mit Medien zur Seite gestanden. Bestandteil des LOBBI-Konzepts sind auch lokale Interventionen, die über die individuelle Beratung der Opfer hinausgehen. Dabei geht es um konkrete Arbeit mit den Betroffenen, die darauf abzielt, deren Situation in der Kommune oder Region nachhaltig zu verbessern. Im Jahr 2008 war dies 35 Mal der Fall. Beispielhaft für dieses Agieren: die Situation in Boizenburg. Allein elf rechtsmotivierte Angriffe auf alternative Jugendliche registrierten die BeraterInnen dort im vergangenen Jahr, in der Mehrzahl Körperverletzungen. Trotz dieser Häufung war rechte Gewalt lange Zeit kaum ein Thema der öffentlichen Diskussion. Die Betroffenen fühlten sich mit ihren Problemen zu Recht alleine gelassen. Die LOBBI unterstützte sie bei ihren Anstrengungen, auf die Attacken und deren Charakter hinzuweisen und Konsequenzen einzufordern. Gesprächsrunden, Öffentlichkeitsarbeit, Treffen mit dem Bürgermeister, der Polizei VertreterInnen der Jugendarbeit und engagierten BürgerInnen zum Teil in Zusammenarbeit mit dem Regionalzentrum Westmecklenburg gehörten dazu. Diese gemeinsamen Bemühungen haben bereits zu einem gestiegenen Problembewußtsein und ersten konkreten Vereinbarungen zur Unterstützung der Betroffenen geführt. Als Erfolg ist auch eine gemeinsame Protestaktion gegen einen NPD-Infostand am 12. März zu werten. Belastet wurde das neue Vertrauensverhältnis jedoch durch einen Zwischenfall am 07. Februar. Jugendliche, die gegen eine rechte Kundgebung protestieren wollten, werfen den eingesetzten Beamten sexuelle Belästigungen, Bedrohungen und rassistische Beleidigungen vor.