Verhandlung erst nach Beschwerde
vom 1. September 2010 in Kategorie: Artikel
Das Rostocker Amtsgericht verurteilte am 22. März 2010 ein Mitglied der rechten Szene wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe. Der Verurteilte hatte am 06. Dezember 2008 in Friedland im Landkreis Mecklenburg-Strelitz einen Konzertbesucher angegriffen. An diesem Abend fand in einer Musikgaststätte eine Live-Veranstaltung statt – unter den Gästen auch alternative Jugendliche und Punks. Offenbar aus diesem Grund versammelten sich Dutzende Personen u.a. aus der rechten Szene im Umfeld der Gaststätte. Dabei fielen Sprüche wie „Friedland bleibt braun!“ und „Scheiß Zecken, wir zeigen Euch, wer in Friedland das Sagen hat.“ Konzertbesucher, die den Veranstaltungsort verlassen wollten, wurden beschimpft und mit Flaschen beworfen. Im Verlauf kam es zu Diskussionen und zu weiteren tätlichen Angriffen durch die Rechten, bei denen mindestens zwei Menschen verletzt wurden.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte einen Konzertgast mit der Faust ins Gesicht geschlagen und ihm dabei die Nase gebrochen hat. Der Angreifer kannte sein Opfer als Neonazi-Gegner und Mitglied der Satiregruppe Front Deutscher Äpfel. Die Richterin verurteilte den zur Tatzeit 20-Jährigen nach Erwachsenenstrafrecht zu einer Geldstrafe in Höhe von 40 Tagesätzen á 15 Euro. Damit widersprach das Gericht den Anträgen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung. Diese plädierten lediglich für eine Wiedergutmachung in Höhe von 100 Euro. Der Verteidiger des Angeklagten, NPD-Landtagsabgeordneter Michael Andrejewski, sah zudem keinen politischen Hintergrund für den Angriff seines Mandanten.
Trotz des Urteils blicken die Betroffenen unzufrieden auf das Verfahren zurück. Die Ermittlungen zu den weiteren Körperverletzungen des Abends sind offenbar erfolglos verlaufen. Auch das Gerichtsverfahren fand erst nach einer Beschwerde des Verletzten bei der Staatsanwaltschaft Neubrandenburg statt. Diese hatte ihm im Juni 2009 mitgeteilt, dass sie von einer Klage absehen wolle, da die Strafverfolgung nicht im öffentlichen Interesse wäre.