(Vorläufiges) Urteil nach 28 Monaten
vom 1. September 2010 in Kategorie: Artikel
Das Amtsgericht Neustrelitz hat am 21. Januar 2010 vier Männer aus der örtlichen rechten Szene wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Drei Angeklagte erhielten Freiheitsstrafen von acht Monaten bzw. einem Jahr, die zur Bewährung ausgesetzt wurden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass sich die Verurteilten an einem Angriff am 07. September 2007 beteiligt hatten. Damals befand sich eine etwa zehnköpfige Gruppe von meist Jugendlichen auf dem Weg zu einem Konzert im Neustrelitzer Gymnasium. Dabei wurden sie, offenbar aufgrund ihres Outfits, aus einem Auto heraus als „Zecken“ beschimpft und mit einer Flasche beworfen. Die Rechten lauerten der Gruppe wenig später auf, umstellten sie und griffen mehrere Personen an. Vier Menschen trugen Verletzungen davon. Durch Schläge und Tritte erlitt ein Neubrandenburger, der später als Nebenkläger am Prozess teilnahm, schwere Kieferverletzungen, die einen zehntägigen Krankenhausaufenthalt erforderten und immer noch behandelt werden müssen. Rechtsanwalt Jost von Glasenapp kritisierte als Vertreter der Nebenklage schon in seinem Plädoyer die „lockere Stimmung“ während der Verhandlung und die Anwendung von Jugendstrafrecht bei drei der Angeklagten. Die Forderung der Staatsanwaltschaft sei unvertretbar und wäre eine Bagatellisierung des brutalen überfalls. Die Beschuldigten seien gefestigte Rechtsradikale, denen die Folgen ihrer Tat völlig egal waren. Tritte und Schläge hätten auch zu noch schwereren Verletzungen führen können. Der Opferanwalt geht davon aus, dass die Angeklagten die Bewährungsstrafen nicht ernst nehmen werden. Die LOBBI kritisierte zudem die lange Verfahrensdauer zwischen Tat und Urteil. Und es ist noch nicht zu Ende: im September beginnt die Berufungsverhandlung – drei Jahre nach dem Angriff.