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Aufklärung: ungenügend!

vom 16. Juli 2013 in Kategorie: Artikel

Der im letzten Oktober vorgestellte Verfassungsschutzbericht 2011 sorgte für einige Überraschung. So wurden nach dessen deutlich verspäteter Erscheinung neue Informationen über das Agieren des NSU in MecklenburgVorpommern und die Rolle von Polizei und Geheimdiensten erwartet. Zwar räumt der Bericht dann auch ein, dass das Bekanntwerden des NSU im November 2011 »zahlreiche Fragen [aufwirft], deren Beantwortung zu Recht eingefordert wird.« Macht aber gleichzeitig klar, dass es »für eine endgültige Bewertung des Geschehens […] jedoch noch zu früh« sei. Weitere Informationen? Fehlanzeige. Sicher ist man sich dagegen bereits, dass die MitarbeiterInnen des Landesamtes für Verfassungsschutz (VS) »seit Ende letzten Jahres unberechtigten Anfeindungen ausgesetzt waren.«
Diese Sichtweise scheint prägend für das Agieren der Landesregierung im Zusammenhang mit den NSU-Verbrechen. Sie verweigerte die mehrfach geforderte Einrichtung eines PUA im Landtag. Statt eine im Dezember 2011 gestellte Anfrage des Nordkuriers zur Finanzierung von Strukturen der Naziszene und Aktivitäten des NSU zu beantworten, ließ es das Innenministerium auf einen Rechtsstreit ankommen. Erst nach massivem Druck durch Opposition, Zivilgesellschaft und Medien wurde am 19. Februar 2013 ein Informationsbrief zum Themenkomplex NSU vorgelegt. Doch dieser fasst auf 41 Seiten lediglich die bereits öffentlich bekannten Fakten zusammen. Und selbst dies unvollständig: Mit keinem Wort werden etwa die verwandtschaftlichen Beziehungen des NSU-Mitglieds Böhnhardt nach Rostock erwähnt. Statt dessen wirft die Lektüre neue Fragen auf: Seit wann beschäftigt
sich der Verfassungsschutz mit Drogenkriminalität? Wie ist es sonst zu erklären, dass ausgerechnet diese Behörde im September 2006 einen Hinweis auf mögliche Verstrickungen des NSU-Opfers M. Turgut in Drogengeschäfte lieferte? Hätte sie nicht vielmehr ihre jahrelange Behauptung, es gäbe keine Anzeichen für rechtsterroristische Aktivitäten, hinterfragen müssen?
Leider ist sich auch die demokratische Opposition im Schweriner Landtag nicht einig, wie die Forderungen der Öffentlichkeit nach einer tiefgreifenden und öffentlichen Aufarbeitung gegenüber einer Regierung durchzusetzen sind, die an dieser Stelle scheinbar keinen Handlungsbedarf sieht. So konnte sich die Fraktion der Grünen nicht dazu durchringen, sich der Initiative der LINKEN zur Einrichtung eines PUA anzuschließen. Die Entscheidung gegen so einen Ausschuss begründete sie zwar ausführlich, konnte jedoch auch keine Alternativen benennen. Auch die fundamentale Kritik der Grünen am VS, dessen Auflösung sie zwischenzeitlich forderten, ist weitestgehend verstummt.
Es bleibt also auch weiterhin migrantischen Organisationen, antirassistischen Initiativen und anderen VertreterInnen einer kritischen Zivilgesellschaft überlassen, sich für eine konsequente und öffentliche Aufarbeitung des Kapitels NSU stark zu machen. Wie notwendig dies bleibt, zeigt auch die Antwort der Regierung auf eine kleine Anfrage zu weiteren, staatlicherseits bisher nicht anerkannten Todesopfern rechter Gewalt: Es gab »keine Anhaltspunkte[…], die eine rechtsgerichtete Tatmotivation begründet hätten.«