Feindbild alternative Jugendkultur
vom 1. März 2008 in Kategorie: Artikel
Neubrandenburg, April 2007: Die Kameradschaft Mecklenburgische Aktionsfront versucht zum wiederholten Mal das Alternative Jugendzentrum (AJZ) als Treffpunkt der „Gewaltund Drogenszene“ zu diffamieren. In einer Mitteilung, die auch auf der Homepage der NPD veröffentlicht wird, verbreiten die Rechten die dreiste Lüge, dass im AJZ „auf Konzerten offen Heroin gespritzt“ wird. Einen Monat später stellt der NPDAbgeordnete Birger Lüssow in einer Anfrage im Schweriner Landtag das AJZ als Treffpunkt „militanter Krawallmacher“ dar. Er erkundigt sich nach der Höhe der Landesförderung, die es jedoch gar nicht gibt.
Pasewalk, Oktober 2007: Knapp 200 Rechte demonstrieren in der Kreisstadt unter dem Motto „Linken chaoten entgegentreten – Staatliche Förderungen stoppen – Den Speicher in Pasewalk schließen!“. Zuvor war ihnen per einstweiliger Verfügung untersagt worden, den selbstverwalteten Jugendclub weiterhin als „Ausgangsort von Zerstörungswut und Gewalt“ zu bezeichnen.
Greifswald, März 2007: In der rechten Postille Greifswalder Bote werden mehrere alternative Kulturund Wohnprojekte der Stadt als „polizeilich bekannte Anlaufpunkte der roten Kriminellen“ beschimpft. „Von diesen Orten gehen zumeist Straftaten aus, oder sie werden dort zumindest geplant.“ Der für die Artikel verantwortliche Enrico Hamisch, Wahlkreismitarbeiter der NPD-Landtagsfraktion, muss eine Unterlassungserklärung unterschreiben, nachdem sich die betroffenen clubs auf juristischem Weg gemeinsam gegen die verbreiteten Lügen gewehrt hatten.
Ähnliche Diffamierungsversuche richteten sich in den vergangenen Monaten auch gegen das Alternative Jugendcamp ajuca und das Punkfestival Force Attack. Allen gemein ist folgende Grundargumentation: Die alternative Jugendkultur und ihre Treffpunkte seien „Tummelplätze krimineller Gewalttäter, Randalierer und Drogenkonsumenten“ und würden staatlicherseits großzügig gefördert, um „die volkstreue Opposition … zu knacken“. Auch wenn solche absurden Behauptungen kaum ernst zu nehmen sind, machen sie doch die Zielsetzung deutlich: Einschüchterung und Ausgrenzung von Jugendlichen, die rechtsextreme und rassistische Einstellungen offen ablehnen und durch ihr Engagement attraktive Alternativen zur rechten Jugendkultur bieten. Dass es dabei nicht nur bei Worten bleibt, zeigen die wiederholten Anschläge auf ein alternatives Kulturprojekt in Wismar. Auf solche gefährlichen Bestrebungen müssen auch die kommunalen Verantwortungsträger reagieren. An ihnen liegt es, das Engagement der Jugendlichen zu würdigen und zu unterstützen. Denn diese haben Schlüsselfunktionen im Kampf um eine Jugendkultur, in der Diskriminierung, Ausgrenzung und Demokratiefeindlichkeit keinen Platz haben.