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In Gedenken an Horst Gens und Mohammed Belhadj

vom 22. April 2021 in Kategorie: Artikel

An diesem Tag gedenken wir Horst Gens und Mohammed Belhadj, denen ihr Leben am 22.04.1997 und am 22.04.2001 aus sozialdarwinistischen bzw. rassistischen Motiven genommen wurde. Sie werden nicht vergessen.

Zur Person von Horst Gens ist leider wenig bekannt. Der 50-jährige lebte im Frühjahr 1997 auf der Insel Rügen und war arbeitslos, als er am Abend des 22. April auf vier junge Männer im Alter zwischen 18 und 29 traf. Sie waren – laut ihrer späteren Aussage – unterwegs um „Assis zu klatschen“ und fanden in Horst Gens scheinbar einen Menschen, der ihrem Ungleichwertigkeitsdenken entsprach. Die Täter entführten und misshandelten ihn, ehe sie ihn in einen Straßengraben warfen. Später kehrten die Täter zurück und erschlugen Horst Gens mit einem Stein. Das Landgericht Stralsund verurteilte die Täter wegen Mordes zu Jugendstrafen zwischen 6 und 10 Jahren. Obwohl die Staatsanwaltschaft das sozialdarwinistische Motiv im Verfahren herausarbeiten konnte, ist Horst Gens von staatlicher Seite bis heute nicht als Todesopfer rechter Gewalt anerkannt.

Mohammed Belhadj wurde am 19.04.1970 in Oran, Algerien geboren und kam 1992 auf der Suche nach Asyl nach Deutschland. Er lebte in einer Gemeinschaftsunterkunft in Anklam und war am Abend des 22.04.2001 in Greifswald, um dort Freunde zu besuchen. Weil er außerhalb der Besuchszeiten kam, wurde ihm jedoch vom Wachschutz der Gemeinschaftsunterkunft der Zutritt verwehrt, woraufhin er sich zu einer Tankstelle in der Nähe begab. Dort traf er auf vier junge Männer, die ihn ansprachen und – laut ihrer späteren Aussage vor Gericht – nach einer größeren Menge Drogen fragten. Mohammed Belhadj sagte, dass sie dafür zu einer Gemeinschaftsunterkunft nach Zemmin fahren sollten und stieg zu ihnen ins Auto.

Die vier Männer erwarteten, dass Mohammed Belhadj ihnen den Weg weisen könnte, womit dieser jedoch Probleme hatte. An einer Bundesstraße hielt der Fahrer daraufhin den Wagen an und Mohammed Belhadj wurde am Straßenrand brutal zusammengeschlagen. Unter dem Vorwand ihn nach Hause zu fahren, brachten sie Mohammed Belhadj abermals dazu, ins Auto zu steigen. Die Täter suchten jedoch zu diesem Zeitpunkt bereits einen Ort, an dem sie Mohammed Belhadj ermorden können und misshandelten ihn auch im Auto weiterhin, ehe sie zum Kiessee in das unweit gelegene Jarmen fuhren. Dort stießen sie ihn ins Wasser und töteten ihn mit einem Stein. Auf der Rückfahrt nach Greifswald sagte einer der Täter, sie sollen sich wegen der Tat nicht fertig machen, das Opfer sei ja nur „ein scheiß Ausländer“.

Der Körper von Mohammed Belhadj wurde zu seiner Familie nach Algerien überführt. Der Familie wurde empfohlen, den Sarg nicht zu öffnen. Der Vater von Mohammed Belhadj sagte dazu: „Er wurde gelyncht, entstellt, man bringt ihn uns in einer Kiste zurück und ich kann nicht einmal ein letztes Mal sein Gesicht sehen. Unsere Kinder sterben im Ausland ohne irgendeinen Schutz.“ Er berichtete, dass sein Sohn bereits in der Vergangenheit von rechten Skins angegriffen wurde. Die Mutter und der Bruder von Mohammed Belhadj haben seinen Tod nicht überwinden können.

Die vier Täter konnten polizeilich ermittelt werden. Einer nahm sich in der Untersuchungshaft noch vor Prozessbeginn das Leben. Der 18-jährige Haupttäter wurde wegen Mordes nach Jugendstrafrecht zu neun Jahren Haft verurteilt. Die beiden 21 und 22 Jahre alten Mittäter zunächst wegen Mordes durch Unterlassen zu acht bzw. fünfeinhalb Jahren. Bezüglich der Mittäter verlangte der Bundesgerichtshof eine Überprüfung der Schuldsprüche, weswegen das Verfahren neu aufgerollt wurde. Im zweiten Verfahren wurden die Angeklagten wegen Totschlags und gefährlicher Körperverletzung zu elf Jahren bzw. wegen Beihilfe zum Mord zu acht Jahren Haft verurteilt. Eine rassistische Motivlage wurde vor Gericht in keiner der Verhandlungen diskutiert. Mohammed Belhadj ist bis heute nicht als Todesopfer rechter Gewalt staatlich anerkannt.