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Kritische Berichterstattung im Visier

vom 25. September 2009 in Kategorie: Artikel

Peter Huth ist Journalist, schreibt für TAZ und Tagesspiegel. Außerdem unterhält er das Info-Portal Gegenrede mit Nachrichten über die rechte Szene im brandenburgischen Landkreis Uckermark, der im äußersten Nordosten an Mecklenburg-Vorpommern grenzt. Am 18. August ist er in seinem Heimatort unterwegs, als sich ihm auf offener Straße ein glatzköpfiger Mann in den Weg stellt. Worte wie „Judensau“, „Drecksack“ und „Wir wissen genau, wo du wohnst“ fallen – ihm wird Prügel angedroht. Den aggressiven Mann erkennt der Journalist als Dirk Bahlmann. Der Fliesenleger sitzt seit den Kommunalwahlen für die NPD in der Gemeindevertretung Löcknitz und arbeitet an diesem Tag zufällig in dem Ort. Der Grund für die bedrohliche Verbalattacke war wohl weniger zufällig. Bahlmann reagierte auf die, ihm offenbar unangenehme, Berichterstattung des Journalisten über antipolnische Propaganda im NPD-Kommunalwahlkampf. Schon damals bezeichnete der NPD-Mann die anwesenden Journalisten vor laufenden Kameras als „Judenhaufen“. Nun wollte der rechte Gemeindevertreter, der die Vorwürfe bestreitet, scheinbar Peter Huth persönlich unter Druck setzen.

Nur eine Woche nach diesem Vorfall tauchen in Uecker-Randow Flugblätter auf, die vermutlich ebenfalls aus der rechten Ecke stammen. Diesmal ist ein Journalist des Nordkuriers das Ziel von Unterstellungen. Hintergrund ist die Berichterstattung der Pasewalker Redaktion der Zeitung über einen „Pferdemarkt“ vom Verein Sport und Kultur Wiese e.V. in Viereck. Nachdem bekannt wurde, dass zumindest bei einzelnen Mitgliedern des Vereins Verbindungen zur rechten Szene bestehen, sagten Sponsoren und Unterstützer ihre Teilnahme an der Veranstaltung ab. Auch die Polizei bestätigte Kontakte zur Kameradschaft Borken und zur NPD.

Betroffene Journalisten und Journalistinnen wehren sich gegen rechte Einschüchterungsversuche. Am 08. Juli scheiterte NPD-Funktionär Andreas Theißen vor dem Schweriner Landgericht mit seiner Berufung gegen eine Verurteilung wegen fahrlässiger Körperverletzung und Nötigung. Er hatte am Abend der Landtagswahl einen Kameramann des NDR bedrängt und verletzt. Die Gerichtsverhandlung gegen einen anderen Mecklenburger Neonazi aus dem Umfeld der mittlerweile verbotenen Heimattreuen Deutschen Jugend steht dagegen noch aus. Der Doberaner soll im November 2006 an der Attacke auf die Journalistin Andrea Röpke im brandenburgischen Blankenfelde beteiligt gewesen sein.

Auch Peter Huth und der Nordkurier haben wegen der Vorfälle Strafanzeigen gestellt. Doch darf es nicht allein beim rechtlichen Vorgehen bleiben. Um gerade im ländlichen Raum den MedienvertreterInnen den nötigen Rückhalt für die schwierigen Recherchen über die rechte Szene zu geben, ist mehr nötig. Nicht nur die Arbeitgeber und LeserInnen, ebenso die politischen FunktionsträgerInnen sollten sich mit den Betroffenen solidarisieren. Dies gilt auch für diejenigen, die oft genug die Berichterstattungen über lokale Neonazistrukturen als Netzbeschmutzung ansehen. Die Pressefreiheit muss gerade gegenüber Neonazis verteidigt werden.