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NPD-Politiker wegen versuchter Nötigung verurteilt

vom 1. Juli 2014 in Kategorie: Artikel

Am 15. August 2013 erreichte der aggressive Bundestagswahlkampf der NPD in Greifswald einen Höhepunkt. BewohnerInnen eines Hauses in der Grimmer Straße in Greifswald saßen in der Sommernacht gegen 1:30 Uhr noch vor ihrer Haustür, als plötzlich drei Transporter vorfuhren und vor dem Haus bremsten. Als sich die Türen der noch rollenden Autos öffneten, konnte einer der Betroffenen eines der Fahrzeuge dem Greifswalder Neonazi und Leiter des NPD-Ordnungsdienstes, Frank Klawitter zuordnen. Daraufhin ergriffen die Betroffenen geistesgegenwärtig die Flucht in den Hausflur. Aus den Fahrzeugen stiegen mehrere schwarz gekleidete, vermummte und zum Teil bewaffnete Personen aus. Sie riefen „Kommt raus!“ und beschädigten mehrere, vor dem Gebäude abgestellte Fahrräder. Nur einer der Täter, Daniel Ohm, konnte von einem der Betroffenen identifiziert werden. Er versuchte, ins Haus einzudringen und zerschlug mit einem Gegenstand die Scheiben der Eingangstür wobei der Betroffene ihn direkt sehen konnte.

Ohm, bis vor kurzem noch Stadtvertreter in Usedom war erst am 12. Juni vor dem Amtsgericht Tiergarten zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 30 Euro verurteilt worden, weil er am 1. Mai 2013 einem Journalisten am Rande eines NPD-Aufmarsches in Berlin in den Bauch geschlagen hat.

Die von den BewohnerInnen alarmierte Polizei konnte erst später zwei der nach Angaben der Betroffenen beteiligten Transporter samt Insassen feststellen, ein Fahrzeug aus dem ehemaligen Uecker-Randow-Kreis und eins aus Mecklenburg-Strelitz. Teil der Besatzung unter anderem die Brüder Tino und Marko Müller.

Die Ursprüngliche Anklage wegen schweren Landfriedensbruchs konnte nicht aufrecht erhalten werden, da die für die Erfüllung des Straftatsbestandes erforderliche Anzahl von mindestens 15 tathandelnden Personen, im Prozess nicht zweifelsfrei bestätigt werden konnte. Dennoch sah es das Gericht als erwiesen an, dass Ohm für die zerbrochene Scheibe verantwortlich ist und die BewohnerInnen zum Herauskommen aufforderte. Da der 30-jährige Usedomer bislang nicht vorbestraft ist, entschied sich das Gericht für eine vergleichsweise niedrige Geldstrafe.

Für die BewohnerInnen des Hauses bedeutete der Übergriff einen erheblichen Eingriff in ihren Privatbereich – das Bild einer Gruppe vermummter, zum Teil bewaffneter Männer vor dem Wohnhaus ist noch immer sehr präsent. Das maßgeblich von der Verteidigung forcierte in die Länge Ziehen des Gerichtsprozesses war eine zusätzliche Belastung. Zumal das Motiv der Tat in der Verhandlung nicht aufgeklärt werden konnte und ein Großteil der mutmaßlichen Tatbeiligten nicht einmal vor Gericht erscheinen musste, obwohl sie kurz nach der Tat aufgegriffen wurden. Dies ist für die Betroffenen und ihre FreundInnen, die den Prozess mit beobachtet haben unverständlich.

Auch wenn in der Verhandlung das Motiv der Tat nicht aufgeklärt werden konnte, wurde den Betroffenen bereits im Laufe der polizeilichen Ermittlungen und auch in der Hauptverhandlung immer wieder eine Mitschuld suggeriert. Verteidiger Thomas Penneke versuchte beharrlich, die ZeugInnen als unglaubwürdig dar- und ihnen eine Belastungstendenz zu unterstellen. “Dass das vermeintliche oder tatsächliche politische Engagement der Betroffenen von Beginn an als möglicher Grund des Angriffs bemüht wurde, ist schwer nachzuvollziehen und kommt einer Schuldzuweisung gleich”, sagt Robert Schiedewitz, Mitarbeiter bei LOBBI.

Gegen beide Urteile kann Berufung eingelegt werden.