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Rechte Gewalt in Mecklenburg-Vorpommern – LOBBI veröffentlicht Zahlen für 2021

vom 30. März 2022 in Kategorie: Jahresbericht, Pressemitteilung

Der Beratungsverein für Betroffene rechter Gewalt in Mecklenburg-Vorpommern, LOBBI, registrierte im vergangenen Jahr 66 Angriffe, von denen mindestens 103 Menschen betroffen waren. Damit ist im Vergleich zu den Vorjahren ein erheblicher Rückgang zu verzeichnen.

Bei 54 der Angriffe handelt es sich um Körperverletzungen, die Hälfte davon gefährlich, also unter Verwendung von Waffen oder aus einer Gruppe heraus. Ein überraschender Rückgang ist bei Bedrohungen zu verzeichnen – acht Fälle (25 im Vorjahr) konnte die LOBBI hier registrieren. Hinzu kommen eine Brandstiftung sowie ein Fall von zielgerichteter Sachbeschädigung.

Auch wenn in absoluten Zahlen das Niveau von vor Beginn der rechten Mobilisierungswelle seit 2015 erreicht ist, so ist auch in 2021 bei fast zwei Drittel der rechten Gewalttaten nach wie vor Rassismus das Motiv (42 Angriffe). Dennoch setzt sich der Trend aus 2020 weiter fort, demzufolge Angriffe gegen vermeintliche politische Gegner:innen (15) wieder zunehmen. „Besonders deutlich wurde dies im Dezember, als die Mobilisierung von Coronaleugner:innen und Impfgegner:innen vermehrt zu Angriffen rechter Gewaltäter:innen führte.“ sagt Robert Schiedewitz, Mitarbeiter der LOBBI.

Dass der dennoch festgestellte Rückgang der bekannt gewordenen Angriffe tatsächlich auf einem Rückgang der Gewalt(bereitschaft) basiert, sei nicht zuletzt aufgrund dieser Entwicklung in Frage zu stellen [s. auch LOBBI PM vom 04.02.2022]. „Das größer werdende Dunkelfeld, von dem wir ausgehen, hat viele Ursachen.“, so Schiedewitz weiter. „Die nunmehr seit zwei Jahren geltenden Kontaktbeschränkungen und somit das Herunterfahren öffentlichen Lebens, hatten nicht nur einschränkende Auswirkungen auf Gelegenheiten wie Freizeitaktivitäten, bei denen sich Menschen begegnen, sondern auch auf die ehrenamtlichen zivilgesellschaftlichen Hilfsnetzwerke und somit auf für uns wichtige Meldestrukturen.“ Viele potenziell Betroffene hätten, sobald es ihnen möglich war, Mecklenburg-Vorpommern verlassen. An Orte, wo sie schützende Communities, mehr Perspektiven und eine höhere Akzeptanz vorzufinden hoffen. So wären den Täter:innen die Gelegenheiten, Themen und Projektionsflächen vorübergehend verloren gegangen, was in den ländlichen Regionen noch deutlicher zu Tage getreten sei, führt Schiedewitz aus. Demzufolge sind auch die Großstädte Rostock und Schwerin mit 21 bzw. 14 Angriffen Schwerpunkte registrierter rechter Gewalt in 2021, während in den Landkreisen Mecklenburgische Seenplatte und Vorpommern-Rügen der stärkste Rückgang zu verzeichnen ist.

Ein weiterer Punkt ist neben schlechten Vorerfahrungen und enttäuschten Erwartungen der nachhaltige Vertrauensverlust in die Strafverfolgungsbehörden im Zuge der vielen Skandale, beispielsweise rund um das sogenannte Nordkreuz-Netzwerk, NSU 2.0 und Datenmissbrauch bei der Polizei. Das hat sich massiv auf das Anzeigeverhalten ausgewirkt, wie wir immer wieder in unseren Beratungen von den Betroffenen erfahren.“ ergänzt Schiedewitz. Auch dadurch vergrößere sich der Anteil rechter Gewalt die nicht sichtbar wird und wo Unterstützungsangebote die Betroffenen nicht erreichen, auch weil vermittelnde Netzwerke fehlten.

Die LOBBI unterstützt in Mecklenburg-Vorpommern seit 2001 Betroffene rechter und rassistischer Gewalt bei der Bewältigung der Tatfolgen und dokumentiert darüber hinaus diese Angriffe.