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Rückblick 2012

vom 16. Juli 2013 in Kategorie: Artikel, Jahresbericht

In der Bilanz für das Jahr 2012 verzeichnete die LOBBI mit 59 Angriffen einen Rückgang in der Statistik rechter Gewalt. Über 130 Menschen waren von den Angriffen direkt oder indirekt betroffen. Die LOBBI hat 20 Körperverletzungen sowie 12 versuchte Körperverletzungen, Nötigungen oder schwerwiegende Bedrohungen registriert. Darunter fallen beispielsweise Angriffe auf Punks in Anklam oder Bierflaschenwürfe und Faustschläge auf einen Mann in Wismar. Zielgerichtete Sachbeschädigungen und Brandstiftungen registrierte die LOBBI in 25 Fällen. Dazu gehören noch immer, wenn auch in deutlich gegingerem Ausmaß als in den Vorjahren, planmäßige Angriffe auf Parteibüros, sowie konzertierte Buttersäureangriffe auf alternative Projekte in Rostock und Greifswald, wie auch den Demokratieladen in Anklam. Ein großer Teil der Taten war rassistisch motiviert, beinahe ebenso häufig waren politisch Aktive von rechten Angriffen betroffen. In Anbetracht der immer massiver werdenden rassistischen Argumentation gegen Asylsuchende ist gerade in Schwerpunktregionen der rechten Szene, wie Ostvorpommern, zu befürchten, dass es vermehrt zu Anfeindungen kommt. Aus dem allgemeinen Rückgang der Angriffszahlen ließe sich unter anderem ableiten, dass die rechte Szene aufgrund teilweise verstärkten Ermittlungsdrucks bemüht ist, strafrechtlich weniger in Erscheinung zu treten. Außerdem ist anzunehmen, dass durch die Entstehung rechter Dominanzräume, wie zum Beispiel in Anklam oder Grevesmühlen, Strukturen gewachsen sind, die es Neonazis als weniger notwendig erscheinen lassen, gewalttätig zu werden, um ihre Überlegenheitsbestrebungen durchzusetzen. Das Problem rechter Drohkulissen verändert sich damit, wird jedoch nicht kleiner.

Vermehrt wenden sich politisch Engagierte an die LOBBI, die regelmäßig mit rechtsmotivierten Anfeindungen konfrontiert sind, die nicht der Definition rechter Gewalt entsprechen. Beispiele dafür sind Bitten um Lageeinschätzungen oder Sicherheitsprognosen, zum Beispiel hinsichtlich der Organisation von Veranstaltungen in »rechten Hochburgen«, oder Fragen zum Umgang mit Konfrontationen im sozialen Umfeld, in der Schule oder am Arbeitsplatz. Mit 50 derartigen Beratungsfällen im Jahr 2012, zeichnet sich hier eine klare Zunahme ab (2011: 34). In diesen Beratungsprozessen wird immer wieder deutlich, dass die individuellen Folgen für die Betroffenen häufig ähnlich sind, wie bei der tatsächlichen Anwendung physischer Gewalt.

Das Beratungsangebot der LOBBI wurde insgesamt von knapp 200 Menschen in Anspruch genommen. Über 490 Mal haben die MitarbeiterInnen Menschen in rechtlichen und psychosozialen oder bei Fragen zum Ermittlungsund Strafverfahren beraten, bei Anträgen und/ oder Behördengängen unterstützt – bis hin zur Begleitung bei Gerichtsverhandlungen oder Hilfe im Umgang mit Medien.

Ein weiterer Bestandteil des Angebots sind lokale Interventionen. Diese zielen darauf ab, nicht nur die Situation der direkt Betroffenen, sondern auch in deren Umfeld oder insgesamt in der Region zu verbessern. Nach den wiederholten Übergriffen auf nicht-rechte Jugendliche in Anklam versuchte die LOBBI durch gezielte Pressearbeit, das Thema in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken. Darüber hinaus nahmen die Mitarbeiter an Netzwerk-Gesprächen teil und vermittelten Kontakte, die die Betroffenen selbst ermächtigen sollen, gemeinsam mit zivilgesellschaftlichen Akteuren aus der Region, der starken Nazi-Szene etwas entgegen zu setzen. Ein mögliches Projekt in diesem Rahmen ist beispielsweise das gemeinsame Arbeiten für die Einrichtung eines alternativen Jugendhauses in Anklam.