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Zwei Urteile, wenig Folgen

vom 16. Juli 2013 in Kategorie: Artikel

Am frühen Abend des 11. April 2012 wurden nahe des Anklamer Marktplatzes mehrere nichtrechte Jugendliche und junge Erwachsene von etwa einem Dutzend, zum Teil vermummter, Neonazis angegriffen. Nur zwei der Angreifer mussten sich am 12. November vor dem örtlichen Amtsgericht verantworten. Der zum Zeitpunkt der Tat 29-jährige Hauptangeklagte wurde schuldig gesprochen, zunächst zwei 16-jährige Mädchen mit einem sogenannten Totschläger attackiert zu haben. Danach verfolgte er mit den anderen Angreifern einen Mann bis ins Lilienthal-Center, wo dieser ebenfalls verletzt wurde. Eine direkte Tatbeteiligung in Form von Schlägen konnte ihm hierbei aber nicht nachgewiesen werden. Das Gericht verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten, ausgesetzt auf drei Jahre Bewährung und zusätzlichen 750 Euro Schmerzensgeld. Der damals 20-jährige Mitangeklagte befand sich ebenfalls in der Verfolgergruppe, konnte jedoch keiner konkreten Handlung überführt werden. Das Verfahren gegen ihn wurde gegen eine Zahlung von 500 Euro eingestellt. Die Staatsanwaltschaft sprach von gezielten Angriffen auf Menschen, die man der alternativen Szene zuordnete. Es soll sich um eine Racheaktion für eine andere Auseinandersetzung gehandelt haben. Nur wenige Wochen später, am Abend des 04. Mai gab es einen weiteren Angriff, als erneut 10 bis 15 Neonazis eine Gruppe junger Punks durch die Straßen jagte. Zwei 16-Jährige wurden mit Tritten und Schlägen gegen den Kopf verletzt, ein 24-Jähriger wurde bewusstlos geschlagen. Nach drei Verhandlungstagen sah es das Gericht als erwiesen an, dass sich der 19-Jährige Toni R. der Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung in drei Fällen und der 24-jährige Timm L. der zweifachen gefährlichen Körperverletzung schuldig gemacht haben. Beide wurden zu Freiheitsstrafen von je einem Jahr, ausgesetzt auf zwei Jahre Bewährung, verurteilt. Timm L. räumte in einer Erklärung die Tat ein. Toni R. machte keine Angaben, wurde aber durch die Aussage eines anderen Neonazis belastet. Weitere Tatverdächitge, die als Zeugen geladen waren, schwiegen. Unter ihnen befand sich auch der Freefighter Silvio Dahms. Die Betroffenen sehen die Urteile mit gemischten Gefühlen. Zum einen ist die juristische Aufarbeitung für sie ein wichtiger Schritt zur Verarbeitung der Angriffe. Zum anderen bedauern sie, dass nur eine geringe Anzahl der Täter überführt und verurteilt werden konnte. Ferner erleben sie in der Stadt, jenseits des Ermittlungsdrucks, weder eine merkliche Sensibilisierung für ihre Situation, noch neue Initiativen gegen die Dominanz der rechten Szene im Ort.